Cultural Fit als Erfolgsfaktor bei der Bewerberauswahl

Fehlbesetzungen sind kosten- und zeitintensiv. Sie bringen viel Unruhe ins Unternehmen und gefährden, dass gesteckte Ziele erreicht werden. Doch noch immer orientiert sich die Bewerberauswahl in vielen mittelständischen Unternehmen (KMU) ausschließlich am Lebenslauf und dem Bauchgefühl. Das kann funktionieren – in vielen Fällen stellt sich aber hinterher heraus, dass die „Passung“ (engl. „Fit“) zwischen Bewerber:in und Unternehmen nicht hinreichend gegeben ist.

Die richtigen Leute identifizieren

Im bekannten Bestseller “Good to Great” hat Jim Collins folgende Kernaussage in Hinblick auf die richtigen Beschäftigten getätigt: „Get the right people on the bus (the wrong people off the bus) and the right people in the right seats”, was im Deutschen soviel heißt wie “Lassen Sie die richtigen Leute in den Bus einsteigen (die falschen Leute aus dem Bus aussteigen) und setzen Sie die richtigen Leute auf die richtigen Plätze.“ Klingt einfach, oder? In der Praxis ist das jedoch alles andere als einfach. Wie identifiziert man die “Right People”, also die richtigen Kandidat:innen?

Fokus auf Fachkenntnisse

Der Fokus bei der Auswahl insbesondere im KMU Segment liegt oft auf der Frage: KANN er/sie das? Bei dieser Überprüfung des sog. „Professional Fit“ liegt das Augenmerk auf folgenden Punkten:

  • Wissen
  • Erfahrung
  • fachliche Fähigkeiten

Wichtige Punkte – unbestritten. Doch reicht das, um festzustellen, ob es sich um den richtigen Kandidaten oder die richtige Kandidatin handelt?

Bedeutung des „Cultural Fit“

Den Unterschied zwischen einem mäßig passenden und einem sehr gut passenden Bewerber oder Bewerberin macht der sog. „Cultural Fit“ aus. Dabei handelt es sich um die Übereinstimmung mit den zentralen Werten, Einstellungen und Verhaltensweisen des Unternehmens, die bei KMU stark durch den/die Unternehmer:in selbst geprägt sind. Ein fehlender Cultural Fit zeigt sich u.a. an folgenden Punkten:

  • Konflikte innerhalb des Teams
  • schlechtes Betriebsklima
  • sinkende Leistungsfähigkeit

Die fehlende Passung wird über kurz oder lang dazu führen, dass das Teammitglied das Unternehmen wieder verlässt.

Bauchgefühl? Ja, aber …

Bei der Überprüfung, ob ein/e Kandidat:in zum Unternehmen passt, verlassen sich viele Unternehmer:innen auf ihr Bauchgefühl und den ersten Eindruck. Beides ist durchaus wichtig! Denn passt die „Chemie“ nicht, dann beendet man besser die Gespräche. Der Umkehrschluss, dass das Gefühl der passenden „Chemie“ einen nicht trügt, ist allerdings nicht zulässig und weist eine hohe Fehleranfälligkeit auf.

So prüfen Sie den „Cultural Fit“

Durch die folgenden, ergänzenden Maßnahmen können Sie den Cultural Fit besser abschätzen:

  • Unternehmenswerte

Klarheit zu den zentralen Werten und der Unternehmenskultur; Sprechen Sie diese Werte in der Interviewsituation an.

  • Interviewleitfaden

Arbeiten Sie einen Fragenkatalog aus und verwenden Sie ihn in der Interviewsituation; stellen Sie die richtigen (offenen) Fragen, wie z.B. besondere Situationen schildern lassen; Herangehensweisen erfragen; Arbeitsstil beschreiben lassen; etc.

  • Zweite Meinung

Neben Ihnen als Unternehmer:in sollte eine weitere Person beim Interview dabei sein; am besten jemand, der/die vom Typ ganz anders ist und damit andere Fragen stellt, andere Beobachtungen macht und Schlüsse daraus zieht.

  • Feedback Gespräche

Führen Sie während der ersten Tage und Wochen mehrere Feedbackgespräche.

  • Professionelle Tools

Am Markt gibt es mittlerweile eine Vielzahl professioneller Tools, die Aufschluss über die Persönlichkeit eines Bewerbers oder einer Bewerberin geben (bspw. ProfileXT, LINC Personality Profiler, DISG, etc.)

Fazit

Die gezielte Prüfung des Cultural Fit weist eine Reihe von Vorteilen auf:

  • höhere Arbeitszufriedenheit
  • stärkere Mitarbeiterbindung
  • höhere Arbeitsleistung und Engagement
  • niedrigere Recruiting-Kosten (weniger Fehlbesetzungen)

Durch ein paar ergänzende Maßnahmen kann mit vergleichsweise geringem Einsatz diese Passung besser beleuchtet werden. Sie werden feststellen, dass Sie damit auch die bessere Auswahl hinsichtlich neuer Teammitglieder treffen und den Erfolg Ihres Unternehmens auch in dieser Hinsicht auf solide Beine stellen.

Autor: Andreas Dragosits, TAB Wien

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